Jonathan ist gerade mal 20 Jahre und scheint die Sinnfrage schon längst für sich beantwortet zu haben. Er hat eigentlich viele Berufe: er arbeitet als Bäcker in der Backstube in Kreuzberg, einem Bio-Kollektiv ohne Hierarchien. Er studiert Nachhaltige Wirtschaft in Eberswalde, engagiert sich politisch, schreibt für die Transform, dem Magazin für das Gute Leben und auf seinem eigenen Blog jodablog. Er gründet fast schon nebenbei ein Projekt nach dem nächsten, darunter die bekannten Social Start-ups Tip Me, das globale Trinkgeld und Stadt, Land, Flow – Hälfte Akten, Hälfte Acker.
Ich möchte unbedingt mehr von Jonathan wissen: was ihn antreibt und ob er in Zukunft genauso arbeiten möchte wie heute mit seinen 20 Jahren. Ein paar Wochen nach unserer ersten Begegnung treffe ich ihn zum Interview an seinem Arbeitsplatz in der „Backstube“ in Kreuzberg – und er haut mich mit seinen Antworten noch einmal mehr vom Hocker.
Jonathan, was bedeutet dir Arbeit?
Für mich ist arbeiten, wie für andere surfen. Wenn ich gelobt werde, dann ist das super schön, aber wenn mich niemand lobt, fahre ich trotzdem an den Strand. Was nicht heißt, dass ich das nur mache, weil es mir Spaß macht. Sondern weil ich etwas verändern möchte.
Warum bist du gut in dem, was du machst?
Weil ich es mir selbst ausgesucht habe beziehungsweise, weil ich an Projekten arbeite, für die ich mich interessiere und für die ich brenne.
„Ich würde es nicht aushalten, den ganzen Tag nur über eine Sache nachzudenken.“
Jonathan Funke
Wovon lebst du?
Von meinem Job in der Bäckerei und, da ich mich noch im Studium befinde, von der Unterstützung meiner Eltern. Hätte ich ihre Unterstützung nicht, könnte ich nicht die Dinge tun, die ich tue. Ich sehe das wie ein kleines Grundeinkommen, dass es mir ermöglicht, neben meinem Studium und dem Job in der Bäckerei, Projekte aufzubauen und Ideen umzusetzen, bei denen es erst einmal nicht darum geht, kurzfristig Geld zu verdienen, sondern etwas zu verändern. Deswegen ist mir um so wichtiger, dass bald noch viel mehr Menschen die Möglichkeit dazu bekommen würden, beispielsweise mithilfe eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Zur Person
NameJonathan Salomon Funke
Jahrgang1996
WohnortBerlin
StudiumNachhaltige Wirtschaft
Arbeit„Für jeden Teil meiner Persönlichkeit eine andere“
Wie wichtig ist dir Geld?
Gar nicht wichtig. Momentan wüsste ich nicht, wofür ich Geld brauche, außer für Miete und Essen. Aber ich bin mir durchaus bewusst, dass sich das auch ändern kann – meine Eltern sind dafür das beste Beispiel. Die waren früher Punks, haben Häuser besetzt, sich nicht um Materielles geschert. Naja, und heute müssen sie unbedingt die beste Espressomaschine von allen haben (lacht).
Was ist für dich der größte Vorteil an deinem Arbeitsleben? Worüber freust du dich am meisten?
Dass ich weiß, wofür ich morgens aufstehe. Und trotzdem ausschlafen kann (lacht). Nein, im Ernst, ich freue mich am meisten über die Vielfalt in meinem Leben. Ich mag es, dass ich an so vielen unterschiedlichen Projekten mitarbeiten darf. Ich würde es nicht aushalten, den ganzen Tag nur über eine Sache nachzudenken.
Für mich ist arbeiten, wie für andere surfen. Wenn ich gelobt werde, dann ist das super schön, aber wenn mich niemand lobt, fahre ich trotzdem an den Strand.
Jonathan Funke
Was ist der größte Nachteil?
Ebenfalls die Vielfalt. Bei der Menge an Projekten, fällt es mir manchmal schwer, mich zu konzentrieren. Ich muss aufpassen, nicht den Überblick zu verlieren. Es ist einerseits schön, an so vielen Themen gleichzeitig mitzuwirken, aber es ist auch manchmal ein wenig verwirrend.
Was stresst dich?
Mich stresst eigentlich nur, dass der Tag lediglich 24 Stunden hat (lacht).
Wie viele Stunden arbeitest du aktuell pro Woche?
Vielleicht so um die 50. Meine Freundin passt aber auf, dass es nicht zu viel wird. Allgemein habe ich aber keine Angst, ein Workaholic zu werden, ich mache das ja nicht als Selbstzweck, sondern weil es ein bestimmtes Projekt erfordert.
Was ist deine größte Herausforderung?
Die Entscheidung zwischen kurz- und langfristig. Manchmal würde ich super gerne noch intensiver in die aktuellen Projekte eintauchen, und beispielsweise die Uni erst einmal hinten anstellen. Andererseits weiß ich aber, dass das langfristig nicht gut wäre.
Wie möchtest du in zehn Jahren arbeiten?
Genauso wie heute. Ich möchte mir erhalten, dass ich für jeden Teil meiner Persönlichkeit eine passende Arbeit und dadurch eine Befriedigung habe. Aber ich will auch der beste Papa der Welt werden, also wird sich dann wohl doch noch etwas anderes ändern müssen.