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„Ohne Gesundheit ist alles nichts.“ – Der Work Letter von SHITSHOW

Schneller, höher, ungesünder: die Arbeitswelt verlangt viel von uns, und immer mehr Menschen macht das regelrecht krank. Die Berliner Beratung SHITSHOW will psychische Erkrankungen von ihrem Stigma befreien und hilft Organisationen dabei, eine gesunde Unternehmenskultur zu fördern. Der eigenen Beziehung zum Arbeitsleben widmet SHITSHOW den folgenden Text. Ihr lest: einen Liebesbrief, eine Abrechnung und den Erklärungsversuch einer komplizierten Liebe.

Foto: Anne Freitag

Dear Work, liebes Arbeitsleben,

wir müssen reden, offen und ehrlich. Auch wenn ich weiß, dass du über mein Thema am liebsten schweigen möchtest. Denn Emotionen haben bei dir angeblich nichts zu suchen. Ich will dir in diesem Brief trotzdem von meinen Gefühlen erzählen, obwohl es sich nach so vielen gemeinsamen Jahren noch immer nicht selbstverständlich anfühlt.

Du fragst dich wer ich bin? Nenn mich einfach SHITSHOW. Denn unsere Geschichte, deine und meine, war nämlich vieles – aber zu einem großen Teil genau das: einfach eine Shitshow.

Die Wahrheit ist: Eigentlich war ich immer leidenschaftlich in dich verliebt und zwischen uns flogen die Funken. Du hast mir Selbstständigkeit und Selbstvertrauen gegeben. Und an manchen Tagen habe ich durch dich echte Erfüllung gespürt. 

Aber von Anfang an gab es auch immer wieder Stress mit dir. Kurz nach unserem Kennenlernen wollte ich all meine Zeit mit dir verbringen. Du hast mich um den Schlaf gebracht, und um eine gesunde Ernährung sowieso. Von meinen Problemen wolltest du aber nichts hören, und das hat unsere Beziehung am Ende immer toxischer gemacht. 

„Körperlich konnte ich es mit dir aufnehmen. Aber würde meine Psyche durchhalten?“

SHITSHOW

In Zeiten, in denen ich stark war und viel leisten konnte, konnte ich an dir wachsen. Als dann aber die schwachen Momente kamen, an denen ich morgens kaum aus dem Bett aufstehen konnte, warst du nicht da. Konntest mir keine Alternative bieten, keine neuen Wege aufzeigen.

So kam es am Ende zu mir: SHITSHOW. Weil immer mehr Menschen so wie ich daran glauben, dass es auch anders geht. Ja, anders gehen muss. Weil wir nicht mehr hinnehmen wollen, dass jedes Jahr mehr Menschen wegen deiner absurd hohen Ansprüche krank werden. Alleine in den letzten 15 Jahren hat sich ihre Zahl mehr als verdoppelt. Das kannst du selbst nicht wollen – und ich sehe auch, dass du bereit bist, dich zu ändern. Deine neue Flamme, die Gen Z, wirst du so nämlich nicht lange von dir begeistern können.

Aber keine Angst, liebes Arbeitsleben, wir helfen dir dabei. Wie in jeder Beziehung ist Kommunikation der Schlüssel, also werden wir weiter mit dir im Gespräch bleiben. Aufklären und sensibilisieren, beraten und coachen. Aber natürlich musst auch du deinen Teil beitragen: psychologisch sichere Räume schaffen, eine neue Führungskultur etablieren – und endlich damit aufhören, unsere Gefühle zu ignorieren.

„Obwohl jede*r Vierte mindestens einmal im Leben mit einer psychischen Erkrankung kämpft, behandeln wir Burnout, Depressionen, Angststörungen und Co. nach wie vor als Individualprobleme.“

SHITSHOW

Ob du und ich am Ende erfolgreich waren, wird sich zeigen. Wenn wir mentale Gesundheit als Spektrum anerkennen, auf dem wir uns hin- und herbewegen. Wenn wir von Zeit zu Zeit psychische Krisen erleben, und in unseren Organisationen ganz offen darüber sprechen dürfen. Wenn wir im Namen von “Self-Care” die Verantwortung nicht mehr auf jede*n Einzelne*n abwälzen. Dann haben wir einen großen Schritt auf dem Weg zu einer gesunden Beziehung gemacht.

Bleib nicht wie du bist,

Deine Shitshow

PS: Hier geht’s zur Shitshow.

WORK LETTERS

Mit dem Format „Work Letters – Briefe an das Arbeitsleben“ wollen wir darüber sprechen, was sein könnte: Wie soll die Arbeitswelt der Zukunft aussehen und was müssen wir dafür tun? Unsere Protagonist*innen geben in ihren Briefen ganz persönliche Einblicke in ihre Visionen einer neuen Arbeitswelt, sie zeigen, wo Veränderung möglich ist und welche Hindernisse es dafür zu nehmen gilt. Für eine neue, bessere Arbeitskultur – für alle.